50 Jahre Fiat 130

Fiat und die obere Mittelklasse waren mal klar zusammengehörende Dinge. Während man die italienische Marke heute nur noch für Kleinwagen, Kompaktwagen, vielleicht noch das ein oder andere Modell daneben und leichte Nutzfahrzeuge kennt, erschien vor 50 Jahren mit dem 130 eine große Limousine. Als Antriebsquelle fungierte ein von Aurelio Lampredi entwickelter, 2,9 Liter großer V6-Motor mit 103 kW/140 PS. Später erhöhte man diesen Wert auf 118 kW/160 PS und 226 Newtonmetern Drehmoment. Entgegen mancher Behauptung in einigen Veröffentlichungen ist dieser Motor nicht indentisch mit dem Dino-Triebwerk von Ferrari, das zeitgleich im Fiat Dino Coupé Verwendung fand. Aluminium-Zylinderköpfe und obenliegende Nockenwellen sprechen jedoch klar für Lampredis Art von sportlichen Fahrzeugen mit entsprechenden Motorkonstruktionen. Im Vergleich zu anderen Sechszylinderwagen der gleichen Zeit blieb dieses Aggregat jedoch stets eher leistungsschwach und fiel zudem durch einen hohen Kraftstoffverbrauch auf.

Bei der Gestaltung der 130 Limousine vertraute Fiat auf die Fähigkeiten des hauseigenen Centro Stile unter der Leitung von Mario Felice Boano, der zwischen 1954 und 1957 ein eigenes Designstudio in Grugliasco geführt hatte. Er zeichnete für den 130 eine Karosserie im Stil der damaligen kleineren Fiat-Modelle wie dem 128, allerdings mit mehr Chromzierrat. Das Ergebnis ist bis heute unter Markenfans stark umstritten und gilt oftmals als zu schwülstig. Um einen möglichst hohen Fahrkomfort zu erreichen konnte der Wagen mit Extras wie elektrischen Fensterhebern, Klimaanlage, Lederpolsterung und Automatikgetriebe bestellt werden. Hinzu kam ein optionales Sperrdifferenzial für die angetriebene Hinterachse, Transistorzündung und Leichtmetallfelgen. Im Frühjahr 1971 erfolgte eine große Modellpflege inklusive Wechsel des Triebwerks auf einen 3,2 Liter großen V6 mit 121 kW/165 PS und 260 Newtonmetern Drehmoment. Damit stieg die Höchstgeschwindigkeit auf 190 km/h.

Zeitgleich mit der Modellpflege führte Fiat auch das zweitürige 130 Coupé ein. Das Design stammte von Paolo Martin und Leonardo Fioravanti, die damals bei Pininfarina arbeiteten. Dort erfolgte auch die Fertigung in Kleinserie. Das Design unterschied sich deutlich von der Limousine und verzichtete größtenteils auf Chrom. Zudem kam ein neues Armaturenbrett mit Rundinstrumenten und Holzdekor zum Einsatz, das auch in die Limousine übernommen wurde. Neben dem manuellen Fünfgang-Getriebe konnte das Coupé auch mit einer Dreigang-Automatik ausgestattet werden. Mit dieser Variante wollte man die Verkaufszahlen der Baureihe 130 erhöhen, die sich nicht im erwarteten Maß entwickelt hatten. Allerdings erwartete zu diesem Zeitpunkt wohl niemand ein derartig teures Fahrzeug beim Fiat-Händler. Dies führte dazu, dass zwischen 1971 und 1977 lediglich 4.493 Exemplare vom Band liefen. Interessanterweise ist das Fiat 130 Coupé zwar ein seltener Klassiker, jedoch auch für einen deutlich geringeren Preis erhältlich als damalige Mitbewerber wie der BMW 3.0 CS oder der Mercedes-Benz 350 SLC. Die wenigen überlebenden Exemplare der rund 15.000 gebauten 130 Limousinen sind sogar nochmals um rund die Hälfte günstiger als die Coupés.

Auf Basis des Fiat 130 entstanden diverse Sonderaufbauten als Einzelstücke oder in Kleinserie. So erstellte die Prototypenabteilung von Fiat eine fünftürige Kombi-Variante und den dreitürigen Sportkombi Maremma mit großen Glasflächen hinter der B-Säule. Derweil entstand bei Pininfarina der viertürige 130 Opera als Limousine mit dem Design des 130 Coupé. Hinzu kamen weitere Kombi-Umbauten und Leichenwagen. Gestalterische Einflüsse des 130 Coupés nutzte Pininfarina bei diversen späteren Autos wie dem Rolls-Royce Camargue, dem Ferrari Pinin oder dem Cadillac Allante.

Bilder: Fiat, Pininfarina