40 Jahre Renault Turbo

1977 überraschte Renault die internationalen Motorsportfans durch einen werksseitigen Einstieg in die Formel 1. Nicht allein dieser Schritt war dabei bemerkenswert, sondern zusätzlich auch die Wahl des verwendeten Triebwerks im RS 01 genannten Monoposto. Anstatt wie alle anderen Teams ein drei Liter großes Aggregat mit wahlweise acht oder zwölf Zylindern zu verwenden, hatten die Franzosen zuvor bei der Motorsportbehörde FIA angefragt und die Zusage erhalten, auch einen per Turbo zwangsbeatmeten Motor nutzen zu dürfen. Aufgrund des sogenannten Turbofaktors musste man hierzu allerdings den Hubraum auf 1,5 Liter absenken. Man wählte hierfür als Grundkonzept einen V6. Aufgrund der laufenden Entwicklungen setzte Renault den Rennwagen 1977 nur beim drittletzten Rennen, dem Großen Preis der USA Ost in Watkins Glen ein. Jean-Pierre Jabouille landete im Zeittraining auf Rang 14 und schied im Rennen nach 30 von 59 Runden mit Defekt an der Zündung aus. Im Folgejahr ließ Renault die ersten beiden Läufe in Argentinien und Brasilien aus, trat dann aber vom dritten Rennen in Südafrika bis zum Saisonabschluss in Kanada bei allen weiteren Veranstaltungen an – allerdings weiterhin nur mit einem Auto für Jean-Pierre Jabouille.

Bei der versammelten Konkurrenz herrschte allerdings keine allzu große Aufregung über das neue Motorenkonzept aus Frankreich. Der Grund hierfür lag in der anfänglich nicht gegebenen Wettbewerbsfähigkeit. Der gelb-weiß-schwarze Rennwagen fiel durch Trainingsergebnisse im Mittelfeld und Ausfälle im Rennen auf, wobei neben der Zündung auch die Turbolader, das Getriebe, die Ölpumpe oder gleich der gesamte Motor kaputt gingen. Letzterer zum Leidwesen des Teams auch in der ersten Runde des heimischen Grand Prix von Frankreich. Erst zum Ende der Saison 1978 fand Renault sowohl die Zuverlässigkeit als auch das notwendige Tempo, um die anderen Fahrer ernsthaft in Bedrängnis bringen zu können. So erzielte Jabouille sowohl in Österreich als auch auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Monza in Italien den dritten Startplatz. Beim Großen Preis der USA Ost, exakt ein Jahr nach dem Debüt des RS 01, überquerte dieser Monoposto als Viertplatzierter erstmals in den WM-Punkten die Ziellinie. 1979 schrieb sich die ‚Equipe Renault Elf‘ für die komplette Saison ein. Neben Jean-Pierre Jabouille verpflichtete man als zweiten Fahrer den ebenfalls aus Frankreich stammenden René Arnoux. Es begann mit zwei Motorschäden in Argentinien und einem Ausfall von Arnoux nach Fahrfehler in Brasilien, gipfelte dann jedoch in der Pole Position von Jabouille im dritten Lauf in Südafrika. Dabei blieb es allerdings für die folgenden Rennen. Renault hatte inzwischen den neuen Rennwagen RS 10 entwickelt.

Erst beim Großen Preis von Frankreich, dem achten Lauf der Saison, errang Jean-Pierre Jabouille erneut die Pole Position, direkt gefolgt von seinem Teamkollegen René Arnoux. An das Rennen selbst erinnern sich Fans heute vor allem wegen dem rundenlangen Kampf um die zweite Platzierung, die hart aber fair zwischen René Arnoux und Ferrari-Pilot Gilles Villeneuve ausgefochten wurde. Derweil gewann Jabouille das erste Rennen eines Turbotriebwerks für Renault vor heimischen Publikum – mit Auto, Motor, Reifen und Treibstoff aus Frankreich. Es folgten ein zweiter Platz in Großbritannien und beim GP der USA Ost sowie vier Pole Positions und eine schnellste Rennrunde. Ab 1981 setzten immer mehr Formel-1-Teams, angefangen mit Ferrari, auf die Turbotechnologie, die ab 1985 in allen Boliden zu finden war und erst für die Saison 1989 von der FIA abgeschafft und durch 3,5-Liter-Saugmotoren ersetzt wurde.

Renault hatte da längst den Transfer vom Rennsport in die Serienproduktion vollzogen. Den Anfang machte bereits 1980, ein Jahr nach dem ersten Turbosieg, der Renault 18 Turbo, gefolgt vom Mittelmotorsportwagen Renault 5 Turbo, den die Franzosen vor allem für die Rallye-Weltmeisterschaft entwickelt hatten. Anschließend folgten fast im Jahresrythmus Turbo-Ableger als Topmotorisierungen der Modellreihen Fuego, 11, 9, 5 GT und 21. Letztmalig nutzte man die Turbo-Bezeichnung am Heck des Safrane Biturbo von 1993. Seither gibt es diese Technologie zwar weiterhin im Motorenprogramm, inzwischen dank dem allgemein Downsizing-Trend allerdings auch in kleineren Leistungsstufen als der jeweiligen Topversion. Dass es diese jedoch immer noch gibt, stellte man erst kürzlich mit dem Megane RS Trophy-R auf der Nordschleife des Nürburgrings mit einem neuen Rundenrekord für vorderradangetriebene Autos in 7:40,100 Minuten unter Beweis. Das Turbozeitalter bei Renault ist also längst noch nicht beendet.

Bilder: Renault