40 Jahre Renault 5 6×6

Der kleine Renault 5 ist vielen unserer Leser bestimmt noch ein Begriff. Wenn nicht aus eigener Fahrerfahrung, dann doch auf jeden Fall aus dem täglichen Straßenbild. Immerhin entstanden von beiden Modellgenerationen in 22 Jahren über neun Millionen Exemplare und anschließend bis 2008 einige Tausend weitere in Lizenzfertigung im Iran. Dass es jedoch neben der drei- und fünftürigen Kompaktversion und dem auf einigen Märkten als Renault 7 angebotenen Stufenheck sowie dem R5 Turbo mit Mittelmotor und dem auf Basis der zweiten Generation angebotenen Kleintransporter Rapid noch eine weitere Variante gab, ist wohl nur den Wenigsten bekannt.

Nachdem 1978 die Erstauflage der berühmten Langstreckenrallye Paris-Dakar erfolgreich über die Bühne gegangen war, befand sich ganz Frankreich aufgeregt im ‚Dakar-Fieber‘. Für die zweite Ausgabe entwickelte Christian de Léotard, ein erfahrener Umbau-Spezialist und Ingenieur, eine um 70 Zentimeter verlängerte, dreitürige Version des Renault 5 mit dritter Achse hinter der eigentlichen Hinterachse. Zudem verbaute er einen hydrostatischen Allradantrieb, bei dem eine Ölsäule in horizontale Bewegung versetzt wird. Ähnliche Systeme kennt man sonst nur von Baumaschinen und landwirtschaftlichen Maschinen. Um den 6×6 standfest jederzeit wieder zum Stillstand zu bringen, erhielt er rundum Scheibenbremsen. Das Leergewicht stieg relativ moderat von 800 auf 980 Kilogramm an.

Direkt hinter den Türen veränderte de Léotard die Optik des ‚kleinen Freund‘ gründlich. Die Dachlinie steigt nochmals an und ermöglicht damit hinten ein Kombiheck mit reichlich Platz für die während der Rallye benötigten Ersatzteile. Dennoch schied der Wagen bei seinem einzigen Start bei der Paris-Dakar frühzeitig durch technischen Defekt aus. Üblicherweise müsste man nun davon ausgehen, dass ein derartiger Fehlschlag zum Ende eines solchen Projektes beiträgt. Stattdessen erhielt Christian de Léotard jedoch recht bald Anfragen von der französischen Polizei sowie von Feuerwehren und Rettungsdiensten, die im Renault 5 6×6 ein gutes Fahrzeug für den Dienst in abwegigen Gebieten sahen. So entstanden noch diverse weitere Exemplare. Wieviele ist dabei jedoch ebenso unbekannt wie die heutige Anzahl der noch existierenden Fahrzeuge.

Eine wahrhaftige Krönung des Werks von de Léotard wäre beinahe ein Raub der Flammen geworden. Auf Basis eines Renault 5 Turbo erschuf er einen 6×6, bei dem der Turbomotor hinter den Sitzen die beiden Hinterachsen antrieb, während unter die vordere Haube zusätzlich ein 93 PS starker Vierzylindermotor aus dem Renault 5 Alpine zog, um die Vorderachse in Bewegung zu versetzen. Dieses rot lackierte Unikat ging später in die Hände eines Sammlers und brannte schließlich mitsamt der Garage in der es abgestellt war ab. Glücklicherweise fand sich ein anderer französischer Sammler, der den Verlust dieses Wagens nicht hinnehmen wollte und das Wrack daher mit hohem Aufwand von Geld und Ersatzteilen wiederaufbaute. Auch der Rallyewagen der Paris-Dakar existiert noch und steht wohl bis heute in der Tiefgarage des MACM (Musée d’Art Classique de Mougins, Museum der klassischen Künste) im französischen Mougins.

Bilder: Renault