110 Jahre Bugatti Typ 10

Den Namen Bugatti kennt heute jedes Kind. Doch die Anfänge der Marke, die heute für Leistungsangaben im vierstelligen Bereich und hochexklusive Luxussportwagen steht, sind weniger Leuten bekannt. Firmengründer Ettore Bugatti wurde am 15. September 1881 als erstes von drei Kindern des Möbeldesigners Carlo Bugatti und seiner Frau Teresa Lorioli in Mailand geboren. Auf Wunsch des Vaters begann Ettore ein Kunststudium, entdeckte jedoch früh seine Liebe zur Technik und wechselte daher zu Ingenieurswissenschaften. Im Alter von 17 Jahren begann er eine Ausbildung bei Prinetti & Stucchi, wo er bald seinen ‚Typ 1‘, ein motorisiertes Dreirad entwickelte. 1900 fertigte er mit finanzieller Unterstützung verschiedener Freunde seines Vaters mit dem ‚Typ 2‘ bereits ein erstes Auto, mit dem er zum einen Rennsiege erlangte und zum anderen die Aufmerksamkeit von Baron Eugène de Dietrich, Chef und Gründer des gleichnamigen Autobauers, erregte und von diesem angeworben wurde. Ettore erhielt den Posten des Technischen Leiters der Automobilproduktion und entwickelte bis 1904 verschiedene Fahrzeugtypen. Allerdings kamen er und der Baron menschlich immer weniger miteinander aus, weshalb Ettore zum neu gegründeten Unternehmen von Émile Mathis nach Straßburg wechselte.

Nach nur einem Jahr endete auch diese Anstellung aufgrund der sehr ausgeprägten Persönlichkeit von Ettore Bugatti, der 1907 nicht nur eine neue Anstellung bei der Gasmotoren-Fabrik Deutz in Köln fand, sondern zudem seine Frau Barbara Maria Giuseppina Mascherpa heiratete. Neben seiner Entwicklungstätigkeit für seinen Arbeitgeber, werkelte er nach Feierabend im Keller seiner Villa in Köln-Mülheim an einem besonders leichten, wendigen und kraftvollen Automobil. Dieser Ansatz war neu für die damalige Zeit, als eher durch immer mehr Hubraum – teilweise bis zu zwölf Liter – und damit einhergehendem hohen Gewicht gearbeitet wurde, um Rennen zu gewinnen. Daneben wirkte der 1908 begonnene und 1909 fertiggestellte Bugatti Typ 10 wie ein Sportwagen aus der Zukunft. Da der Wagen in Eigenregie und mit eigenen Mitarbeitern abseits des Arbeitsvertrages bei Deutz entstanden ist, gilt der Typ 10 heute als erster ‚echter‘ Bugatti.

Ettore Bugatti selbst bezeichnet den Wagen als ‚Pur Sang‘ (Vollblut), womit er auf den 1,2 Liter großen Vierzylindermotor mit obenliegender Nockenwelle und zwei Ventilen pro Zylinder inklusive Königswellenantrieb Bezug nimmt, der für die damalige Zeit sehr ordentliche 10 PS leistet und den Zweisitzer bis zu 80 km/h schnell werden lässt. Im Vergleich zu anderen Autos der gleichen Ära nutzt Bugatti keinen Kettenantrieb, sondern eine Lamellenkupplung mit Kardanwelle für die Kraftübertragung auf die Hinterachse. Seilzug-Trommelbremsen und Blattfedern entsprechen hingegen ebenso klar dem damaligen Zeitgeist, wie der eckige Kühler an der Fahrzeugfront. Nicht nur Ettore selbst, auch Freunde und Bekannte sind von seinem Typ 10 begeistert. So beschwor ihn das französische Flieger-Ass Louis Blériot nach einer Probefahrt, den Wagen unbedingt in Serie zu fertigen.

Gemeinsam mit einigen Finanziers wie Pierre de Vizcaya sowie einem Kredit der Darmstädter Bank machte sich Ettore Bugatti schließlich Ende des Jahres 1909 in einer ehemaligen Färberei in Molsheim im Elsass selbstständig. Den Mietvertrag unterschrieb er am 1. Januar 1910. Zuvor überführte ein enger Mitarbeiter den Typ 10 in einer achtstündigen Fahrt von Köln nach Molsheim. Gemeinsam mit seinen ersten Angestellten entwickelte Ettore das Fahrzeug zum Typ 13 mit einem 1,4 Liter großen und 15 PS starken Triebwerk weiter. Ihm folgten diverse weitere Typen. Derweil blieb der originale Typ 10 im Besitz von Ettore Bugatti und diente der Familie als Alltagsauto. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nahm die Familie den Wagen mit zur eigenen Werft in Bordeaux, wo leistungsstarke Speedboote entstanden. Nach dem Tod des Firmengründers am 21. August 1947 stand der Typ 10 einige Jahre verwahrlost nahe Bordeaux herum, ehe er von einem französischen Rennfahrer entdeckt, restauriert und nach Großbritannien verkauft wurde. Von dort aus gelangte der Wagen in die USA, wo er erneut restauriert wurde und in diesem Zuge rot-orange-farbene Achsen und Räder erhielt, während die Karosserie erneut silbern lackiert wurde. In dieser amerikanischen Sammlung steht der Typ 10 bis heute in fahrbereitem Zustand, wird jedoch nur selten öffentlich gezeigt.

Bilder: Bugatti, The Bugatti Trust